Die Essener Tafel hat einen Hilferuf abgesetzt, weil sie sich überfordert fühlt, den Schwächsten gerecht zu werden bei der Verteilung von Lebensmitteln, die in diesem reichen Land zu oft im Müll landen.
Beifall gab es von solchen, die allein anhand der Herkunft eines Menschen meinen zu wissen, was sie von ihm zu erwarten haben. Und Empörung von denen, die vergaßen zuerst allen Ehrenamtlichen wie bei der Mindener Tafel St. Martin zu danken, die 1,5 Millionen arme Menschen in Zeiten sprudelnder Staatseinnahmen versorgen.
Alte Flüchtlinge aus deutschen Ostgebieten stehen in manchen Tafeln neben Neuen aus dem Nahen Osten im Ehrenamt seit an seit, die beide wissen wie kostbar die Früchte der Erde sind. Und viele Menschen müssen dort anstehen, weil selbst nicht in fruchtbringender Weise tätig werden dürfen. Doch die meisten Tafeln erwirken anders als in Essen eine gerechte Verteilung: Mit Blick auf den Einzelnen, wessen er bedarf und ob er nicht nur sich, sondern in Demut auch die anderen sieht. Ein Pass sagt dazu nichts, kein Mensch ist wie der andere. Als Krankenhauspfarrer sehe ich täglich, dass Ärzte mit anderen Pässen den Einheimischen ihr Leben retten.
Für uns Christen gibt es aber sowieso nur eine Bürgerschaft jenseits aller Nationen. Wir sind Gäste auf Erden und sollen Frucht bringen. Deshalb ist es unverschämt, ein mit Nationalfarben bemaltes Pegida-Kreuz anderen Gästen im Hass entgegen zu halten. Da ist es gut in der Passionszeit uns an den Gekreuzigten zu erinnern, der will, dass wir in einer vergänglichen Welt als Gäste auf Erden Frucht bringen. Wörtlich tun das Ehrenamtliche bei den Tafeln ohne Ansehen der Person. Es braucht dazu Demut auf beiden Seiten des Tafeltresens wie bei uns selbst. Demut heißt wörtlich Mut zum Dienen. Christus zeigt das im Wort des morgigen Sonntags in radikaler Weise, indem er sich selbst als Frucht bringt: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. In diesem Sinn wünsche ich uns allen eine fruchtbare Demut.

Oliver Vogelsmeier

Oliver Vogelsmeier

Pfarrer und Krankenhausseelsorger