Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Liegen bleiben

Kennen Sie noch den „Alten Fritz“? Zugegeben, meine Geschichtskenntnisse sind auch nicht die besten. Aber diesen Namen habe ich mir gemerkt. Der „Alte Fritz“. Man kennt ihn auch unter dem Beinamen „der Große“, verliehen an den preußischen König Friedrich II. (1712-1786).
Dieser war bekannt für seine religiöse Toleranz. Er selbst glaubte an Gott als den Schöpfer des Himmels und der Erde, aber zu den verschiedenen Ritualen von Religion hatte er ein gespaltenes Verhältnis: „Dabei ist doch viel Aberglaube und Firlefanz, der den Menschen nur von der Arbeit abhält!“
Als König musste er sich leider öfter mit diesem „Firlefanz“ beschäftigen, als ihm lieb war. Immer wieder wurde seine Entscheidung in religiösen Streitigkeiten eingefordert. Das strapazierte seine Geduld aufs Äußerste! Doch gerade in diesen Situationen, in denen er seinen Nerven einiges abverlangte, machte er seinem Beinamen „der Große“ alle Ehre.
So forderte ihn eines Tages eine Gemeinde auf, ihnen baldmöglichst den Pfarrer wegzunehmen, diesen am besten generell zu entlassen, weil er angeblich nicht an die Auferstehung der Toten glaube.
Wie erwartet reagierte Friedrich der Große äußerst gereizt. Umgehend ließ er der Gemeinde seine Entscheidung mitteilen: „Der Pfarrer bleibt! Wenn er am Jüngsten Tag nicht mit aufstehen will, so mag er ruhig liegen bleiben.“
Was für ein Richtspruch! Ich musste lachen. Und wurde dann nachdenklich. Wie ist das bei mir, möchte ich liegen bleiben?
Für manche ist eine Auferstehung der Toten nicht denkbar. So wie auch die Auferstehung Jesu nicht denkbar ist. Tot ist tot. Und wer weiß, ob es Gott wirklich gibt?
Der Schriftsteller Peter Härtling hat in seiner Konfirmandenzeit seinen Pastor mit genau dieser Behauptung herausgefordert: „Herr Pastor, ich muss Ihnen sagen: Gott ist tot!“ Der Pastor schaute ihn an und entgegnete: „Das musst du ihm schon selber sagen.“
Wieder eine weise Antwort, die auch mich herausfordert. Gott ins Angesicht schauen und für tot erklären. Liegen bleiben, wenn alle anderen aufstehen.
Ist es wirklich das, was ich möchte?

Pfarrerin Esther Witte

Pfarrerin Esther Witte

Ev.-Luth. Kirchengemeinden Schlüsselburg, Heimsen und Windheim/Neuenknick

Sei ganz Ohr! – (D)ein Hirtentalent

Jesus Christus spricht: „Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme.“ (Joh10,11a.27a)

Wie wichtig sind doch unsere Ohren. Wir müssen gar nicht viel tun – sie einfach auf Empfang stellen. Zuhören! Aufmerksam sein, wahr- und ernstnehmen was wir hören, was es gerade braucht, was die Menschen um uns herum brauchen. Wie oft sind wir nur mit einem Ohr dabei? Hören gar nicht richtig hin, weil wir gedanklich schon den nächsten Punkt auf unserer To-Do-Liste abhaken oder uns Unerledigtes im Kopf rumschwirrt.
Hören wir richtig hin! So können auch wir in unserem Alltag zu guten Hirten und Hirtinnen werden – ganz ohne Hütehund, Stecken und Stab, ohne Fachkenntnisse, ohne große Herde.
Hören wir, was einander bewegt, welche Sorgen und Nöte den Alltag unserer Mitmenschen belasten. Schenken wir ihnen eine freundliche Stimme, ein zugewandtes, offenes Ohr. Kleine Dinge, die uns nur ein bisschen Zeit und Zuwendung kosten, die aber Großes bewirken können. Sie können helfen, dass ein Mensch nicht verloren geht – weil er sich gehört, vielleicht sogar verstanden fühlt.
Menschenhüten und Menschenführen wie Schäfchen? Kann das denn sein? Hier und da erleben wir das alle. Wir unterstützen Kinder und Enkelkinder beim Großwerden in unserer Welt, mit den Herausforderungen des Alltags. Wir begleiten Familie und Freunde, trauern und leiden gemeinsam und halten Schmerz zusammen aus. Wir übernehmen Verantwortung im Job, in der Schule und Zuhause, bewältigen bürokratische Anforderungen und stehen einander mit Ratschlägen und helfender Hand zur Seite. Überall dort, wo wir uns bemühen einander nicht aus dem Blick zu verlieren, sondern auf uns achten, so dass niemand verloren geht, überall da wird der Geist des Guten Hirten in unserem Alltag auch heute spürbar.

Liebe Schwestern und Brüder, also sein wir ganz Ohr – damit Mangel zu Fülle, Angst zu Vertrauen und Hoffnungslosigkeit zu Mut werden kann!

Nadja-Elena von Storch

Nadja-Elena von Storch

Pfarrerin, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Barkhausen

Weiße Weihnachten!

Weiße Weihnachten! Das ist der Wunsch vieler Kinder und natürlich auch vieler Erwachsener. 
Aber warum heißt der Tag heute der „Weiße Sonntag“? Mit Schnee hat das natürlich nichts zu tun! In den frühen Jahrhunderten der Kirche wurde vorwiegend am Ostersonntag und vor allem Erwachsene getauft. Wie auch heute noch üblich, bekamen die Täuflinge dazu ein weißes Taufkleid. Am Sonntag nach Ostern trugen sie dieses Taufkleid. So entstand vermutlich der Begriff „Weißer Sonntag“. 
Es geht dabei nicht um ein Verkleiden. Die Christen sollen Jesus Christus ähnlich sein, das Leben soll dem Glauben entsprechen. Das heißt nicht „naseweis“ und ständig belehrend, sondern im besten Sinne „vorbildlich“. Jesus als Vorbild für das eigene Leben folgen. Die Taufe an Ostern verbindet darum symbolisch zwei Dinge: Die Taufe als Neubeginn des Lebens aus dem Glauben und Ostern als das Fest der Auferstehung. 
So beginnt mit der Taufe das Leben, wie ein unbeschriebenes Blatt neu. Und ein Neubeginn macht doch Mut! Im Evangelium wird heute vom „ungläubigen“ Thomas gesprochen, der sich die Auferstehung nur vorstellen kann, wenn er Jesus selbst sieht und seine Hände in die Wunden legen könnte. Als der Auferstandene ihm dann begegnet, bekennt er schnell „Mein Herr und mein Gott.“ Ein persönlicher Neubeginn und Wendepunkt in seiner „Karriere“ als Apostel.
Ostern ist das Fest des Neubeginns. Aus dem Dunkel des Todes strahlt das Licht des Lebens und dieses Licht, das Hoffnung und Neubeginn widerspiegelt, brachten die weißen Gewänder zum Ausdruck. Viel schöner als weiße Weihnachten ist doch die Aussicht auf etwas ganz Neues, das auch in uns beginnt. 

Jakob Jan Küchler

Jakob Jan Küchler

Pastor am Dom zu Minden